Herkunft
Herkunft und Entstehung der Murnau-Werdenfelser (auch „Oberländer“ genannt) konnten bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Die Mehrzahl der Autoren, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, vermutet, dass Anpaarungen des damals noch gelben Tiroler Viehs im oberen Inntal mit dem im Ursprungsgebiet, dem Werdenfelser Land, schon vorhandenen so genannten roten Landschlag, den Grundstock dieser Rasse gebildet haben. Damalige gebietliche Zusammengehörigkeiten, auch wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Kloster Ettal und dem Zisterzienserstift Stams in Tirol haben diese Entwicklungen wohl beeinflusst. In späteren Zeiten sollen noch Mürztaler und Murbodner Tiere aus der Steiermark, Stiere aus dem benachbarten Lechtal, Braunvieharten, sowie mittelfränkische Ellinger eingekreuzt worden sein. Immunologische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass es sich beim Murnau-Werdenfelser um eine autochthone Rasse handelt, von der sich bis in die Gegenwart hinein noch ein kleiner reinrassiger Bestand erhalten konnte.
In der Genussgemeinschaft hält der Leitzachtaler Ziegenhof „Murnau Werdenfelser“ Rinder.
Eigenschaften
Die Farbvarianten der Tiere reichen von hell- bis dunkelgelb, über rotbraun bis hin zum Schwarzen mit hellem Aalstrich. Dunkles Maul mit hellem Rand (Mehlmaul), dunkle Augen mit ebenfalls hellem Rand. Sie sind behornt, Klauen und Hornspitzen sind schwarz und weisen eine überdurchschnittliche Härte auf. Mit ihren ausgesprochen harten Klauen, der hohen Belastbarkeit ihrer Gelenke eignen sie sich ganz besonders für die Haltung an feuchten Standorten mit hohen Niederschlagsmengen bzw. Sumpfgebieten. Ihre ausgeprägte Trittsicherheit ermöglicht ihre Haltung allerdings auch an sehr steilen Weideflächen. Die Tiere sind sehr genügsam, dabei vital, widerstandsfähig gegen rauhes Klima, zeichnen sich durch Langlebigkeit und hohe Fruchtbarkeit aus. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Murnau-Werdenfelser als so genanntes „Dreinutzungsrind“ – gleichzeitig Arbeitstier, Milch- und Fleischlieferant – sehr beliebt und verbreitet, erfüllten sie doch zur damaligen Zeit sämtliche Erwartungen der Landwirte. Die Kühe der Rasse erreichen eine Widerristhöhe von 128 bis 130 cm und ein Gewicht von 500 bis 600 kg, die Bullen werden etwa 138 bis 145 cm groß und 850 bis 950 kg schwer.
Verbreitung und Entwicklung des Bestandes
Bei einer Viehzählung im Jahre 1896 wurden rd. 62.000 Murnau-Werdenfelser in Bayern gezählt, das Hauptverbreitungsgebiet, reichte von Garmisch – dem Hauptzuchtgebiet – bis Kochel, Starnberg und Landsberg. Der Erfolg dieser Rinderrasse beruhte in starkem Masse auch darauf, dass hochleistungsfähige, für Feld-, Wald- und Transportarbeiten hervorragend einsetzbare Zugochsen gezüchtet wurden. Zucht und Verkauf stellten in damaliger Zeit die Haupteinnahmequelle vieler Betriebe dar. Die Entwicklung moderner landwirtschaftlicher Strukturen, insbesondere die fortschreitenden Technisierung führten dann zur starken Reduzierung der Zuchtbestände. Zunächst machte der ständig zunehmende Einsatz von Traktoren und anderer Maschinen die Verwendung der Tiere für Feld-, Wald- und Transportarbeiten weitgehend überflüssig. Als ab Mitte des 20. Jahrhunderts eine Spezialisierung der Landwirtschaft auf Fleisch- oder Milchproduktion erfolgte, ging dies mit der Züchtung entsprechender Hochleistungs-Rinderrassen einher, die nur noch entweder Milch- oder aber Fleischlieferanten waren. Im Vergleich mit diesen neuen Rassen war die Milch- bzw. Fleischleistung der Murnau-Werdenfelser zu gering und die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die sie weiterhin für die Milchproduktion nutzten (an die Milchleistungsprüfung angeschlossene Betriebe) sank von 200 (1950) auf 128 (1965), 101 (1970), 18 (1975). Der absolute Tiefpunkt wurde im Jahre 1980 mit nur noch zwei Betrieben erreicht. Konnte durch staatliche Förderung bis 1990 wieder eine leichte Zunahme der landwirtschaftlichen Betriebe erreicht werden, in denen Murnau-Werdenfelder Kühe eingesetzt und der Milchleistungsprüfung angeschlossen waren (18 Betriebe mit 201 Tieren), so musste in den dann folgenden Jahren bereits wieder ein Absinken verzeichnet werden. Im Jahre 2005 waren in nurmehr neun landwirtschaftlichen Betrieben 113 Herdbuchkühe an die Milchleistungsprüfung angeschlossen. Hinzu kamen sechs Herdbuch-Bullen. Alle bisherigen Versuche aus dem „Dreinutzungsrind“ eine „Doppelnutzungsrasse“ zu züchten – mit gesteigerter Milch- und Fleischleistung – konnten dieser Entwicklung nur bedingt Einhalt gebieten.
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